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Jedes Jahr am 7. Juni bietet der Welt-Lebensmittelsicherheitstag einen Moment, um darüber nachzudenken, was es braucht, um die Gesundheit der Bevölkerung durch sichere Lebensmittel zu schützen.

Das diesjährige Thema der Weltgesundheitsorganisation (WHO) trifft den Kern dessen, was Lebensmittelsicherheit vorantreibt: angewandte Wissenschaft. Doch es geht nicht nur um Lebensmittelwissenschaft. Im Fokus stehen auch Datenwissenschaft, Sozialwissenschaften, Tierwissenschaft, Klimawissenschaft, Chemie, Mikrobiologie – ja sogar Wirtschaft. Es geht um menschliche Intelligenz und kritisches Denken. Kurz gesagt: Es braucht ein ganzes Dorf.

Kimberly Coffin, Technische Direktorin für Lieferkettensicherung bei LRQA und Lebensmittelwissenschaftlerin, war diese Woche Teil der WHO-Webinarreihe zum Welt-Lebensmittelsicherheitstag. Hier teilt sie, warum der diesjährige Fokus die Dinge auf den Punkt bringt und uns zurück zu dem führt, was wirklich zählt.

Lebensmittelsicherheit ist keine Funktion – sie ist ein Fundament

Wenn ein Lebensmittel nicht sicher ist, ist es kein Lebensmittel. Eine einfache Wahrheit, die in Gesprächen über Produktion, Qualität und Ernährung oft verloren geht. Gesundheitliche Auswirkungen sind eng mit Ernährung verknüpft – dennoch wird Lebensmittelsicherheit häufig nur als Nebenthema behandelt. Diese Denkweise ist nicht nur überholt, sie ist gefährlich. Wie Kimberly deutlich macht, geht es bei Lebensmittelsicherheit nicht ums Abhaken von Checklisten oder isoliertes Gefahrenmanagement – sie ist ein Pfeiler der öffentlichen Gesundheit. Wenn Unternehmen hier versagen, leidet der Mensch.

Trotz großer Fortschritte in Technologie, Standards und Instrumenten sind lebensmittelbedingte Erkrankungen weit verbreitet. Die WHO nennt über 200 Krankheiten, die über Lebensmittel übertragen werden. Diese Zahlen sind nicht abstrakt – viele dieser Krankheiten sind vermeidbar oder könnten sogar vollständig ausgerottet werden.

Lebensmittelsicherheit ist multidisziplinär

Eines der eindrucksvollsten Ergebnisse der Diskussionen war die Erkenntnis, dass Lebensmittelsicherheit nicht einer einzigen wissenschaftlichen Disziplin „gehört“. Sie beginnt nicht bei den Lebensmittelwissenschaften – und endet auch nicht dort. Sie stützt sich auf das kombinierte Wissen von Mikrobiologinnen, Chemikerinnen, Klimaforscherinnen, Sozialwissenschaftlerinnen, Ökonominnen, Technologinnen und weiteren. Sie verstehen Konsumverhalten, modellieren Krankheitsverläufe, messen wirtschaftliche Auswirkungen und übersetzen Daten in Maßnahmen.

Kimberly brachte es so auf den Punkt: „Lebensmittelsicherheit gehört nicht einem Wissenschaftszweig. Es braucht gemeinsame Anstrengungen über Fachgrenzen hinweg, um Risiken wirklich zu verstehen und zu steuern.“

Daten machen Wissenschaft erst möglich

„Es gibt keine Wissenschaft ohne Daten“ – dieser Satz fiel häufig in der Webinarreihe, und das zu Recht. Doch es geht längst nicht mehr nur ums Sammeln von Daten. Die eigentliche Herausforderung ist heute: Welche Daten sind wirklich relevant? Wie interpretiert man sie richtig? Und wie nutzt man sie wirksam, um Gesundheitsziele zu erreichen?

Das bedeutet auch: Weg vom reinen Erkennen von Gefahren – hin zum Verstehen der Auswirkungen. Nicht nur auf Unternehmen, sondern auf Menschen. Wenn bessere gesundheitliche Ergebnisse das Ziel sind, muss Risiko auf Bevölkerungsebene verstanden werden.

Hier kommen Plattformen wie LRQA’s EiQ Product Integrity ins Spiel. Zwar war EiQ kein offizielles Thema der Webinare, aber Kimberly verwies auf die Übereinstimmungen mit den globalen Diskussionen: klügere Datennutzung, präzisere Erkenntnisse, wissenschaftlich fundierte Interventionen.

Investitionen neu denken

Eine der klarsten Botschaften der WHO-Sitzungen: Wir müssen neu definieren, worin der Wert von Lebensmittelsicherheit liegt. Der Schutz der öffentlichen Gesundheit bleibt zentral – aber wenn man Investitionen auch unter wirtschaftlichem Gesichtspunkt betrachtet, wird der Handlungsdruck größer.

Lebensmittelsicherheit vermeidet nicht nur Schaden. Sie steigert Produktivität, stärkt die Wettbewerbsfähigkeit auf globalen Märkten und entlastet Gesundheitssysteme. Wenn Regierungen und Unternehmen erkennen, dass Investitionen in Lebensmittelsicherheit wirtschaftliches Wachstum und Resilienz fördern, handeln sie eher entschlossen.

Kimberly betont: Lebensmittelsicherheit sollte nicht als separater Kostenfaktor betrachtet werden, sondern in umfassendere Investitionsentscheidungen eingebettet sein – z. B. bei der Modernisierung von Wassersystemen, Produktionslinien oder Logistik. Es geht nicht immer um mehr Ausgaben, sondern um klügeres Investieren mit besseren Ergebnissen – für Menschen und Unternehmen.

Klimarisiken sind Lebensmittelsicherheitsrisiken

Auch klimabedingte Gefahren standen im Fokus der Webinare. Vielen Fachleuten sind die Zusammenhänge zwischen Klimawandel und mikrobiellen Risiken bekannt – doch zunehmend treten auch chemische Risiken in Erscheinung.

Kimberly nennt das Beispiel Arsen in Reis: Erwärmte Böden und tauender Permafrost führen zu einer erhöhten Konzentration natürlicher Schwermetalle. Da Reis in gefluteten Feldern angebaut wird, nimmt er Arsen aus dem Boden besonders leicht auf – und gelangt so in unsere Ernährung. Das ist keine theoretische Gefahr, sondern Realität in heutigen Lieferketten.

Solche Erkenntnisse stammen nicht aus einem einzigen Fachgebiet. Es braucht Umweltwissenschaften, Chemie, Agronomie und Risikobewertung – und wieder wird deutlich: Lebensmittelsicherheit muss durch viele Linsen betrachtet werden – mit geteilter Verantwortung.

Sicherheitslücken: Ohne Überwachung keine Sicherheit

Ein ernüchternder Aspekt des WHO-Programms war die globale Ungleichheit im Bereich Lebensmittelsicherheit. In einigen Regionen fehlt ein nationales Überwachungssystem für Krankheiten, es gibt keine regelmäßige Kontaminationskontrolle – und mitunter nicht einmal Laborinfrastruktur.

Für Länder, die Lebensmittel importieren, ist das kein „anderes Problem“. Lebensmittel-Lieferketten sind global. Selbst mit starken lokalen Regulierungen bleibt ein Risiko bestehen, wenn Herkunftsländer keine Daten zu Risiken liefern können. Fehlen diese Daten, kann Risiko weder verstanden noch gesteuert werden.

Dieser Mangel betrifft nicht nur Behörden oder Produzenten – er beeinflusst, wie Entscheidungen getroffen und Prioritäten gesetzt werden. Globale Lebensmittelsicherheit erfordert gemeinsame Transparenz. Ohne sie navigieren wir mit einer unvollständigen Karte.

Es geht nicht um Schuldzuweisungen, sondern um kollektive Verantwortung. Jedes Land, jeder Akteur in der Lieferkette trägt dazu bei, das globale Sicherheitsniveau anzuheben.

 

Technologie hilft – aber ersetzt keine Menschen

Künstliche Intelligenz wird als Instrument zur Ausbruchsvorhersage und Risikomodellierung diskutiert – aber die Expert*innen waren sich einig: AI kann unterstützen, aber nicht ersetzen.

Frühwarnungen und Mustererkennung sind hilfreich, doch Validierung, Kontext, kritisches Denken und Zusammenarbeit bleiben unerlässlich. Kimberly dazu:
„Es ist kein Selbstläufer. Daten müssen von Menschen mit Fachwissen geprüft, hinterfragt und verstanden werden. Dort beginnt das echte Risikomanagement.“

 

Globale Resilienz aufbauen

Es gibt keine Einzellösung: Kein System und keine Technologie allein wird die Lebensmittelsicherheit verbessern. Es ist ein kollektiver Kraftakt, der auf vielen Formen der Wissenschaft beruht. Er verlangt sektor- und grenzübergreifende Zusammenarbeit.

Die Herausforderung ist nicht neu – aber die Gelegenheit, mit Klarheit, Zielstrebigkeit und geteilter Verantwortung zu handeln, war nie größer.

Es braucht ein Dorf. Die Frage ist: Sind wir bereit, es gemeinsam aufzubauen?

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